Nur 62,5% der Fernzüge waren pünktlich. Ich fahre gerne Bahn, habe bislang gute Erfahrungen meist gemacht. Klar ging mal was daneben. Aber kann mir nicht erklären, wieso man hier so anfällig ist.
Ich fahre meist am Donnerstag mit einem schweizer Fernzug in die Arbeit. Der Zug ist nicht einmal jedes zweite Mal pünktlich. Dazu kommen ständige Ausfälle des Inets im Zug - ca. jedes fünfte Mal. Am Abend fahre ich mit einem Regionalzug zurück. Egal, welchen ich nehme (ab 18.20 Uhr stündlich bis 23.20 Uhr, mit dem letzten bin ich aber noch nicht gefahren), jeder ist übervoll. In einem Jahr waren bisher nur einmal beide Züge an einem Tag pünktlich. Und wenn man das Personal auf das nicht funktionierende Internet anspricht, heißt es: „Ja, geht halt heute nicht.“
Mit dem letzten Zug zurück würde ich nur im absoluten Notfall fahren. Denn ich muss auf der Rückfahrt einmal umsteigen und habe da nur 4 Minuten Aufenthalt. Bei einem chronisch unpünktlichen Zug habe ich keine Lust auf derartiges Risiko.
Warum die Bahn so anfällig ist, lässt sich leicht erklären: Es wurden seit 20 bis 30 Jahren viele notwendige Investitionen aufgeschoben, weil nie genug Geld da war. Und wenn welches da war, dann wurde es in Prestigeprojekte gesteckt, die völlig aus dem Rahmen fielen. Stuttgart21 soll nach der ursprünglichen Planung seit Dezember 2019 einsatzbereit sein. Inzwischen ist der Fertigstellungstermin bei Dezember 2026. Die Gesamtkosten sollten bei 4,5 Mrd. EUR liegen, jetzt sind wir bei ca. 11 Mrd. EUR, das ist fast das 2 1/2 fache der ursprünglichen angedachten Kosten. Was hätte man für 6,5 Mrd. nicht alles sanieren können?
Anstatt wie andere Länder Geld in den Ausbau der Bahn zu stecken, haben wir in Deutschland die Gelder dafür gekürzt und mindestens zwei Jahrzehnte von der Substanz gelebt. Die schwarze Null war ja ein Jahrzehnt lang der heilige Gral in der Finanzpolitik. Und das fällt uns jetzt auf die Füße, weil irgendwo immer etwas kaputtgeht, weil nicht genügend Kapazitäten vorhanden sind, weil Bahnhöfe in einem Zustand sind, der vor 50 Jahren schon nicht mehr akzeptabel war. Z.B. gibt es auf der Strecke Ulm-Memmingen noch immer Bahnhöfe, auf denen die Gleise mit Ketten abgesperrt sind. Da muss jedes Mal ein Mitarbeiter rausgehen und die Kette abnehmen, damit die Leute zum Zug gehen können. Wenn für einen dieser Bahnhöfe aufgrund von Urlaub und Krankheiten kein Mitarbeiter der Bahn zur Verfügung steht, fallen an dem Tag x-Züge aus, nämlich die Bummelzüge, die an jedem Bahnhof halten.
Die Zugbegleiter sind die allerärmsten. Die müssen das ausbaden, was Politik und Konzernleitung seit Jahrzehnten falsch macht. Sie sollen dabei auch noch immer freundlich und hilfsbereit sein. Die allermeisten sind das auch, wenn man vernünftig mit ihnen redet. Aber es fällt einem als Kunde auch schwer, immer höflich zu sein, wenn die Bahn es wieder einmal nicht auf die Kette bekommt. Ich bin vor 2 Jahren nach einem Sturm im Sommer mal 13,5h in die Arbeit und zurück gefahren, um 2,5h zu arbeiten. Dabei hieß es, man würde am Morgen 1 bis 1,5h Verspätung haben, am Abend würde alles wieder funktionieren. Die normale Fahrzeit inklusive S-Bahn und Fußweg betrug hin und zurück zusammen regulär 4h.
Die Schweiz reagiert nun auch auf die anhaltenden Verspätungen und lässt ECs aus Dortmund und Hamburg welche sonst bis Zürich oder Interlaken gefahren sind nun nur noch bis nach Basel fahren.
…und vermutlich kommen die dann dort „in derselben Zeit“ an, als wären sie nach Interlaken gefahren.
Eine Maßnahme wäre mal, Züge, die mehr als 10 Minuten verspätet sind, nicht mehr ins Land zu lassen.
Du meinst jetzt als Maßnahme der Schweiz?
Falls ja, das wird seit letztem Jahr bereits gemacht. Die meisten Züge die welche mit 10-15 Minuten Verspätung einfahren, enden Basel SBB. Zwar komme die Leute ins Land, aber die erste Haltestelle ist damit dann auch die letzte.
Bei den beiden genannten, kam das jetzt aber so extrem vor, dass man diese nun offiziell umstellt, da diese den Schweizer Verkehr zu sehr beeinflusst haben.
Falls du es anders gemeint hast, korrigiere mich bitte.
So hab ich es gemeint.